Der Film „Made to Measure“ liefert nach nur einer Stunde das Profil des Filmbesuchers. Nur eine Stunde reicht, um ein Persönlichkeitsprofil des Besuchers aus der Interaktion zwischen Film und Besucher zu erstellen!
Was machen die Autoren des Films, um zu solchen Erkenntnissen zu kommen? Sie setzen psychologische Testverfahren ein, sie werten die Browsereinstellungen und die Aktionen des Zuschauers beim Anschauen des Films aus. Sie machen genau das, was alle Datensammler auch machen. Damit lässt der Film den Besucher erahnen, was mit ihm im Internet passiert. Der Unterschied ist nur, dass die Datensammler weitaus bessere Möglichkeiten und mächtigere Werkzeuge zur Erstellung eines Persönlichkeitsprofils haben.
Analytische Psychologie
Solche Tests sind keine Alchemie, sondern Methoden der analytischen Psychologie, um die Persönlichkeit eines Menschen zu erfassen. Man kann sich davon leicht ein Bild machen, wenn man eine der zahlreichen Testmöglichkeiten im Internet nutzt. Ein umfangreicher Test ist zum Beispiel Big-Five. Was in diesem Test an Fragen zu beantworten ist, filtern Datensammler aus dem Verhalten der Internetnutzer heraus, ohne eine einzige Frage gestellt zu haben. Welche analytischen Verfahren dabei insgesamt eingesetzt werden, kann man nicht einmal erahnen. Es ist in jedem Fall ein mächtiges Arsenal an Verfahren und Algorithmen, um den Menschen zu vermessen.
Die Persönlichkeit eines Menschen resultiert nach Asendorpf aus seinen eigenen Merkmalen und dem Vergleich mit anderen Menschen. Zur Bestimmung der Persönlichkeit werden vielfältige Methoden der Persönlichkeits- und Differentiellen Psychologie eingesetzt. Das am häufigsten eingesetzte Fünf-Faktoren-Modell „Big Five“ ermittelt die Persönlichkeitsmerkmale Extraversion, Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit, soziale Verträglichkeit und Offenheit für neue Erfahrungen.
Andere Verfahren messen Intelligenz, Kreativität, soziale und emotionale Kompetenzen, Temperament, Motive, Interessen. Es können Einstellungen wie z.B. Vorurteile und Werthaltungen wie Konservativismus oder Religiosität bestimmt werden. Über das Selbstwertgefühl, Narzissmus, Lebenszufriedenheit und sogar über Merkmale des Körperbaus und der physischen Attraktivität können Aussagen getroffen werden. Es ist möglich das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, Hochbegabung, Migrationshintergrund und kulturelle Persönlichkeitsmerkmale zu ermitteln.
Es ist somit klar, dass die Auswertung der Datenspuren im Internet und die Ergebnisse aus der Analyse zu einem vollständigen Profil über die Persönlichkeit führen.
Grenzen der Profilierung
Es ist ohne Zweifel möglich, aus den Datenspuren ein vollständiges Abbild der Persönlichkeitsstruktur eines Menschen zu konstruieren. Es ist jedoch kaum oder nicht möglich, ein wahres Profil der Persönlichkeit eines Menschen zu generieren. Alle – auch noch so aufwändigen Verfahren – basieren auf Algorithmen, die im Grunde mit statistischen Methoden Ergebnisse produzieren. Statistik führt in diesem Fall zwar zu einer (sehr großen) Näherung an das Persönlichkeitsprofil, aber nie zu einem vollständigen Treffer. Das ist für Menschen mit Bedacht auf ihre Privatsphäre aber kein Trost, denn ihre Persönlichkeit ist durch die Analyse der Datenspuren nicht nur unvollständig, sondern im schlimmsten Fall auch noch fehlerhaft erfasst.
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