Innocan Pharma Corp – die Sphinx

zuletzt geändert am 12.05.2025

Soll man die Aktie der Innocan Pharma Corp verdammen oder auf sie setzen? Das ist ein Stück Rätselraten, denn die Antwort hängt davon ab, ob man mehr auf die Firma oder mehr auf die Aktie schaut.

Regulierung einer Produkteinführung in den USA

LPT-CBD, Quelle

Die Firma Innocan Pharma betreibt die Entwicklung und Zulassung eines Schmerzmittelpräparats unter der Bezeichnung LPT-CBD (Liposom Platform Technology mit Cannabidiol – siehe Bild). Die Einführung eines derartigen liposomalen CBD-Präparats ist in den USA nicht einfach und ist regulatorisch sensibel. Es müssen entlang eines festgelegten Entwicklungspfads (Pathway) alle Anforderungen der FDA (Food and Drug Administration) erfüllt werden.

Pathway, Quelle Innocan Pharma Corp

Normalerweise muss man dafür mit einer Zeitspanne von sieben bis zehn Jahren bis zur Genehmigung rechnen. Innocan Pharma kann jedoch aus nachfolgenden Gründen mit einer Verkürzung der Zeitspanne rechnen.

Was hat Innocan bisher erreicht?

Innocan hat bei der Produktentwicklung – bezogen auf obigen Pathway – die Stufe „Pre-IND“ (pre-Investigational New Drug) erreicht. Und Innocan hat mehrere Patente zu verschiedenen dermatologischen Schwächen und zur Schmerzbekämpfung mittels CBD beantragt und drei genehmigt bekommen. Wenngleich ein Abgleich der Daten von Innocan mit Angaben aus öffentlichen Patentdatenbanken nicht gelang, so belegen die Patente eine grundsätzliche Kompetenz von Innocan auf diesem Gebiet. Bedenklich erscheint und unerklärlich ist, dass weder bei Google Patents noch bei Patentscope ein Patentantrag von Innocan zu LPT-CBD zu finden ist. Gilt die Kompetenz von Innocan nur für die Produktschiene „Körperpflege“ oder ist LPT-CBD nur noch nicht reif für einen Patentantrag?

Im Rahmen der LPT-CBD-Produktentwicklung konnte Innocan in präklinischen Studien bei verschiedenen Tierversuchen eine langanhaltende Schmerzlinderung durch CBD nachweisen. Diese präklinischen Studienergebnisse können als so erfolgreich gewertet werden, dass sie eine solide Grundlage für die weitere Entwicklung des Produkts bis zur Zulassung durch die FDA bilden. Weiters wurden in einem Meeting mit der FDA im Juli 2024 zwei wesentliche Vereinbarungen erzielt. Zum einen stimmte die FDA dem präklinischen und klinischen Entwicklungsplan Innocans zu und zum anderen akzeptierte die FDA für den weiteren Projektverlauf die Anwendbarkeit des 505(b)(2)-Regulierungswegs, der eine beschleunigte Zulassung ermöglicht.

Mit dem Zulassungsweg „505(b)(2) NDA“ (New Drug Application) lassen sich die Entwicklungszeiten erheblich reduzieren. 505 (b) (2) ist für die Herstellung von Generika ausgelegt, die sich einer schon vorhandenen Referenz bedienen können. Mit Bezug auf ein zuvor zugelassenes Medikament kann das neue Medikament öffentliche schon vorhandene Daten nutzen und den Testumfang reduzieren.

Was muss Innocan noch leisten?

Die Anwendbarkeit des 505-Regulierungswegs bedeutet konkret, dass Phase-1-Studien oft reduziert oder ausgelassen werden können und Phase-2/3-Studien nur zum Teil und sehr gezielt durchgeführt werden müssen bzw. können. Nur die FDA-Prüfungszeit (1 Jahr) verkürzt sich nicht.

Trotz der Erleichterungen bleiben die Anforderungen bei liposomalen CBD-Produkten als „neue chemisches Entity“ hoch. So erfordern Liposome strenge CMC (Chemistry, Manufacturing, Controls)-Daten, es müssen Bioverfügbarkeit und Targeting klar belegt werden und es müssen der FDA umfassende Sicherheitsdaten vorgelegt werden. Das muss Innocan noch leisten.

Der Zeitplan für diese Arbeiten könnte grundsätzlich so aussehen:

  • IND-Zulassung (Zulassung als Investigational New Drug ) im Laufe 2025,
  • Phase 1-Studien: 2025-2026
  • Phase 2/3-Studien: 2026–2027
  • NDA-Einreichung (Einreichung als New Drug Application) bei der FDA: 2028
  • FDA-Zulassung: 2029.

Um dieses Ziel zu erreichen, dürften im Projektfortschritt keine Probleme auftauchen, es dürften keine Anwendungsrisiken eintreten und die Finanzierung (wohl das geringste Problem) müsste gesichert sein.

Fest steht, dass alle über die Produktentwicklung verfügbaren Daten und Einschätzungen keinen Grund liefern, am Produkt oder dessen Entwicklung zur Serienreife grundsätzlich zu zweifeln. Innocan hat ein Produkt in der Pipeline, das erfolgsversprechend aussieht.

Innocan Pharma braucht – nach dem Gesagten und bei günstigem Verlauf – voraussichtlich noch vier Jahre, um das Produkt auf den Markt bringen zu können. Bis dahin bleibt die wirtschaftliche Lage schlecht und ob sie ab 2030 so traumhaft gut werden wird wie es sich die Manager von Innocan vorstellen (siehe folgende Tabelle), das steht in den Sternen und ist in diesen Dimensionen wohl eher Wunschvorstellung.

Finanzielle Entwicklung und Situation

Ende 2024 besaß das Unternehmen ein Vermögen von lediglich rund 9 Mio. USD, saß wie die Jahre zuvor auf einem Haufen Geld, hatte so gut wie keine werthaltigen Vermögenswerte (1%) und häufte mangels operativen Gewinns Jahr für Jahr Defizit an. Positiv zu vermerken sind die steigenden Erträge aus dem Verkauf der Körperpflegeprodukte.

Die Finanzdaten lassen eine Frage offen. Von wem und wo wird die Produktentwicklung betrieben? Von der Handvoll im Management vertretenen Personen sicherlich nicht und noch viel weniger von den Boardmitgliedern oder den Advisors. Innocan, so muss geschlussfolgert werden, lässt die Studien bei diversen Instituten und Dienstleistern durchführen. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die Forschungsausgaben 2024 incl. Gehälter eher magere 642.000 USD betrugen. Zum Vergleich: die Gehälter für Vertrieb und Administration betrugen 954.000 USD. Insgesamt hatte das Forschungsbudget 2024 nur einen Anteil von 5,2% am operativen Budget. Dieser Betrag ist so gering, dass entweder das Produkt praktisch schon serienreif ist, und nur der gesamte regulatorische Aufwand für die Zulassung noch zu erfüllen ist oder das Produkt ist ein Fake. Dagegen sprechen die bisherigen Ergebnisse aus der präklinischen Phase. Dafür sprechen der fehlende Patentantrag, die äußerst geringen F&E-Ausgaben und sogar der Erfolg der Pflegeprodukte. Was wenn Innocan nur aus dem Geschäft mit den Pflegeprodukten besteht und die Produktentwicklung von LPT-CBD trotz manch positiver Nachrichten nicht hält, was sie zu versprechen scheint? – Das ist die Sphinx.

Aktienkurs

Weiters bleibt die Frage, was bedeutet diese Situation für den Aktienkurs, der nach dem Hype im Jahr 2021 nur den Weg „abwärts“ kennt. Fakt ist, dass Innocan Pharma derzeit eine Müll-Aktie ist, deren Kurs (auch durch einschlägige Medien) gepusht wird und nur von der Hoffnung lebt, dass das LPT-CBD-Produkt es zur Marktreife schafft und dass der Verkaufserfolg der Körperpflegeprodukte vielleicht einen positiven Nebeneffekt für das Unternehmensimage schafft. Neben der Hoffnung herrscht das Risiko, die Produktentwicklung schlägt fehl und der Aktienkurs bricht vollends ein.

InnoCan-Pharma-Langzeit

Bei Innocan scheiden sich die Geister; nicht nur in den Diskussionsforen der verschiedenen Websites: der positive Eindruck aus der Produktentwicklung kontrastiert mit dem negativen Eindruck der Aktienkurshistorie.

Unter den aktuellen Bedingungen ist eine Investition in die Aktie jedenfalls Nonsens und wäre selbst mit Blick auf einen zu erwartenden Produkterfolg schlichtweg verfrüht.